Die "Decade-Vulkane" der IAVCEI


Bei den "Decade-Vulkanen" handelt es sich um eine Gruppe von 16 Vulkanen, welche von der IAVCEI, der "Internationale Gesellschaft der Vulkanologie und Chemie des Erdinneren", als besonders gefährlich eingestuft wurden und einer intensiveren Beobachtung durch Vulkanologen bedürfen. Kriterien für die Auswahl dieser Vulkane waren einerseits das Potential zu gewaltigen Eruptionen, die Geschichte der Ausbrüche dieser Vulkane sowie die Nähe zu grossen Agglomerationen und eine entsprechende Gefährdung einer grossen Bevölkerungsgruppe durch einen potentiellen Ausbruch.


Avachinsky-Koryaksky, Kamtschatka, Russland (2'741 m)

Der Vulkan Avachinsky-Koryaksky ist ein aktiver Schichtvulkan und liegt 27 km nördlich der Stadt Petropawlowsk. Er ist ein sogenannter Somma-Vulkan, das bedeutet, dass der Vulkankegel aus der Caldera eines größeren, älteren Vulkans (mit 4 km Durchmesser) herausgewachsen ist. Der Krater des Avachinsky hat einen Durchmesser von 350 m und war bis zur Eruption von 1991 etwa 220 m tief. Der Vulkan ist einer der aktivsten auf der Halbinsel Kamtschatka und entstand etwa um die Mitte des Pleistozäns. Er besitzt eine hufeisenförmige Caldera, die sich vor etwa 30.000 bis 40.000 Jahren bildete, der eine Fläche von mehr als 500 Quadratkilometer südlich des Vulkans bedeckte und auf der heute die Stadt Petropawlowsk liegt. Die Rekonstruktion eines neueren Teils innerhalb der Caldera ergab zwei weitere sehr aktive Phasen vor 18.000 und vor 7.000 Jahren. Der Vulkan brach in historischer Zeit 17 Mal heftig aus, wobei die Eruption von 1945 eine Stärke von VEI 4 hatte und 0,25 Kubikkilometer Material ausgestossen wurde. Der letzte Ausbruch ereignete sich 2001.

Colima, Mexiko (3'850 m)

Der Colima besteht aus zwei Kratern, dem älteren und inaktiven Nevado de Colima (4.330 m) sowie dem jüngeren und sehr aktiven Volcán de Colima (3.850 m). Er ist der aktivste Vulkan Mexikos, wobei der derzeitige aktive Kegel in einer großen Caldera liegt. Im Pleistozän fand ein riesiger Bergrutsch statt, der etwa 25 Kubikkilometer Geröll bis zu 120 km bewegte und den Pazifischen Ozean erreichte. Ein Gebiet mit einer Fläche von etwa 2.200 Quadratkilometern wurde von dem Geröll bedeckt. Der Colima hat eine fünf Millionen Jahre alte Geschichte vulkanischer Aktivität und brach seit 1576 über 40 Mal aus, am heftigsten 1913, am 23. Mai 2005 sowie am 4. Juni 2005, als eine 9 km hohe Aschewolke entstand. Der Vulkan ist zur Zeit aktiv.

Aetna, Italien (3'330 m)

Der Ätna ist der höchste und aktivste Vulkan Europas und liegt auf der Insel Sizilien. Der Vulkan entstand vor etwa 600'000 Jahren. Der Ätna hat vier Gipfelkrater: der Hauptkrater, der direkt danebenliegende Krater „Bocca Nuova“ (neuer Schlund) von 1968 sowie der Nordostkrater von 1911 und der Südostkrater von 1979. Der Ausstoss von Lava bei Ausbrüchen erfolgt meistens an den Flanken des Vulkans. Im Laufe der Jahrtausende bildeten sich etwa 400 Nebenkrater. Der Gebirgsstock des Ätna nimmt eine Fläche von rund 1'250 Quadratkilometern ein und hat einen Umfang von etwa 250 km.

Galeras, Kolumbien (4'276 m)

Der Galeras ist ein Stratovulkan mit einem Basis-Durchmesser von 20 km. Der Krater hat einen Durchmesser von 320 m und eine Tiefe von 80 m. Die eruptiven Aktivitäten im Gebiet des Vulkankomplexes begannen vor mehr als 1 Million Jahren. Zwei Eruptionen führten zur Bildung von Calderen. In den letzten 5'000 Jahren werden mindestens sechs große Eruptionen vermutet sowie eine Vielzahl von kleineren, allein im 16. Jahrhundert etwa 20. Im Jahr 1993 kamen bei einer Eruption neun Personen ums Leben. Darunter befanden sich 6 Geologen, die im Krater Messungen durchführten. Der letzte Ausbruch fand im Februar 2009 statt wobei etwa 8'000 Menschen evakuiert werden mussten.

Mauna Loa, Hawaii, USA (4'170 m)

Der Mauna Loa ist mit einer Gesamthöhe von über 9'000 m, gemessen vom Grund des 5'000 m tiefen Pazifiks, der höchste Vulkan der Welt. Der letzte Ausbruch fand 1984 statt. Seit Beginn der historischen Dokumentation im Jahre 1834 haben sich 33 Ausbrüche ereignet.

Merapi, Indonesien (2'968 m)

Der Merapi ist ein Schichtvulkan auf der Insel Java. Er ist einer der aktivsten Vulkane des Landes und gilt als einer der gefährlichsten Vulkane der Welt. Der Merapi ist der jüngste und südlichste einer Gruppe von Vulkanen im südlichen Java. Die Eruptionen in der Gegend des Vulkans begannen vor zirka 400.000 Jahren im Pleistozän. Der oberste Teil des Vulkans ist auf Grund der regelmässigen Eruptionen ohne Vegetation. Typische kleinere Eruptionen finden alle zwei oder drei Jahre statt. Grössere Ausbrüche kommen durchschnittlich alle zehn bis fünfzehn Jahre vor. Mächtige Eruptionen verursachten häufig den Tod vieler Menschen und fanden vor allem in den Jahren 1006, 1786, 1822, 1872 (gewaltigster Ausbruch in der neueren Zeit, es wurden zahlreiche Dörfer zerstört) und 1930 statt (13 Dörfer wurden zerstört und 1'400 Menschen von pyroklastischen Strömen getötet. Typisch für den Merapi ist der Ausstoss von heissen Aschewolken (sogenannten pyroklastischen Strömen), welche eine Temperatur von bis zu über 700 °C erreichen. In der Vergangenheit gab es mehrmals heftige Ausbrüche, die Gas- oder Schlammlawinen (Lahare) zur Folge hatten. Seit 1548 gab es 68 Eruptionen. Der Vulkan ist zur Zeit aktiv.

Nyiragongo, Kongo (3'470 m)

Der Stratovulkan Nyiragongo ist einer der acht Virunga-Vulkane, die zum Ostafrikanischen Grabenbruch gehören. Er befindet sich nördlich der Stadt Goma in der Demokratischen Republik Kongo nahe der Grenze zu Ruanda. Im Jahr 1977 forderte ein Ausbruch des Vulkans vermutlich 600 Menschenleben. Am 17. Januar 2002 brach der Vulkan erneut aus. Ein Lavastrom zerstörte mehrere Dörfer und floss schließlich durch die Stadt Goma in den Kivusee, wobei 147 Menschen ums Leben kamen und schätzungsweise 500'000 Menschen evakuiert werden mussten. Zur Zeit besteht im etwa 1 km breiten Krater des Vulkans ein Lavasee. Der Lavasee des Nyiragongo ist der größte der Erde. Er liegt etwa 600 m unterhalb des Kraterrandes.

Mount Rainier, USA (4'392 m)

Der Mount Rainier im US-Bundesstaat Washington ist ein Schichtvulkan. Er ist der höchste Gipfel der Kaskadenkette und des Bundesstaats Washington. Der Mount Rainier entstand vor etwa 500'000 bis 1 Million Jahren. Der Einsturz des Berggipfels vor etwa 5'800 Jahren löste einen der verheerendsten Lahare der Geschichte des Vulkans aus. Mehr als 300 Quadratkilometer des White-River-Tales und des angrenzenden Tieflandes wurden verwüstet. Das Volumen dieses Osceola-Schlammflut genannten Lahars wurde auf etwa 3,8 Kubikkilometer berechnet. Er hat Täler mit bis zu 200 Meter Sediment verfüllt, eine Strecke bis zu 120 Kilometer zurückgelegt und floss noch 20 Kilometer unter Wasser am Grund des Puget Sound weiter. Vor etwa 2'500 bis vor 2'000 Jahren veränderte eine Reihe von Ausbrüchen das Bild des Mount Rainier erneut. Ein neuer 300 Meter hoher Gipfelkegel wuchs auf den Trümmern des zerstörten alten Kraters. Der letzte Ausbruch fand zwischen 1820 und 1854 statt.

Sakurajima, Japan (1'117 m)

Der Vulkan Sakurajima entstand vor etwa 13'000 Jahren als Vulkaninsel inmitten der Aira-Caldera, die rund 9'000 Jahre zuvor entstand und den Nordteil der Bucht von Kagoshima bildet. Es handelt sich um einen der aktivsten Vulkane Japans. Die heftigste Eruption in historischer Zeit ereignete sich zwischen 1471 und 1476 und erreichte die Stärke VEI 5 auf dem Vulkanexplosivitätsindex. Während der Eruption von 1914 der Stärke VEI 4 verband sich die Vulkaninsel an einer Stelle mit dem Festland.

Santa Maria / Santiaguito, Guatemala (3'772 m)

Der Vulkankomplex des Santa Maria und des Santiaguito ist ein aktiver Vulkan in Guatemala. Er ist der mächtigste in einer Kette von Stratovulkanen nahe der pazifischen Küste von Guatemala. Der Ausbruch von 1902 war der zweitstärkste im letzten Jahrhundert mit einer Stärke von VEI 6 und verwüstete grosse Teile des Südwestens von Guatemala. Diese erste historisch überlieferte Eruption des Vulkans dauerte 19 Tage. Seit 1922 wächst kontinuierlich eine Lavakuppel, die Santiaguito genannt wird. Santiaguito ist seit seiner Entstehung dauernd aktiv. Zur Zeit ereignen sich kontinuierlich kleine Explosionen mit Lavaströmen, größeren Explosionen, pyroklastischen Strömen und Laharen.

Santorini, Griechenland (367 m)

Die Vulkaninsel Santorini ist eine ringförmige Caldera mit einem Durchmesser von etwa 16 km. Die Gesamtfläche beträgt rund 92,5 Quadratkilometer. Auf Grund der geologischen Entwicklung gehören auch die Christiana-Inseln und der Unterwasservulkan Kolumbos zum Santorin-Archipel. Die vulkanische Tätigkeit im Gebiet von Santorini setzte vor etwa 1,6 Millionen bis 600'000 Jahren ein. Insgesamt förderten zwölf explosive Eruptionen mit einem VEI-Wert von 5 oder höher (für die Minoische Eruption wird ein VEI-Wert von 7 vermutet) in den vergangenen 200'000 Jahren die Hauptmenge der vulkanisch geförderten Gesteine. Grosse Eruptionen führten vier Mal zur Bildung einer Caldera. In Folge von drei explosiven Eruptionen entstanden die Skaros-Caldera vor weniger als 100'000 Jahren, die Kap Riva-Caldera vor 21'000 Jahren und die heutige Caldera vor etwa 3'600 Jahren, verursacht durch die Minoische Eruption. In der Folgezeit setzten nahe dem Zentrum der Caldera unterseeische Eruptionen mit Lavaausflüssen ein und bauten in mehreren Phasen während der vergangenen 2'200 Jahren den Kameni-Vulkan mit den gleichnamigen Inseln vom Caldera-Grund in 500 m Meerestiefe auf. Mit drei Ausbrüchen im 20. Jahrhundert ist der Kameni-Vulkan der aktivste Vulkan im östlichen Mittelmeer.

Taal, Philippinen (311 m)

Der Taal ist ein aktiver Vulkan auf der Insel Luzon. Der Vulkan liegt im Kratersee der gleichnamigen Caldera mit einer Breite von 25 km und einer Länge von 30 km, welche bei vier gewaltigen Eruptionen im Zeitraum vor 500.000 bis vor 100.000 Jahren entstanden ist. Seit 1572 wurden 33 Eruptionen aufgezeichnet. Ein mächtiger Ausbruch mit mehr als tausend Todesopfern ereignete sich 1911. Der Ausbruch im Jahr 1965 führte in Folge explosiver Eruptionen zu pyroklastischen Strömen, die mehrere Kilometer in den Taalsee strömten, Dörfer verwüsteten und ungefähr 100 Menschen töteten. Die Ausbrüche von 1968 und 1969 waren teilweise charakterisiert durch strombolianische Aktivität und begleitet von grossen Lavaströmen. Durch den Ausbruch im Jahre 1977 entstand ein kleiner Aschenkegel im Hauptkrater. Der Vulkan ist seit 1977 inaktiv, allerdings zeigen sich seit 1991 Anzeichen erneuter Aktivität. Diese bestehen aus einer starken seismischen Aktivität und der Bildung von kleinen Schlammgeysiren auf Teilen der Vulkaninsel.

Pico del Teide, Teneriffa, Spanien (3'715 m)

Der Vulkan Pico del Teide auf der spanischen Insel Teneriffa ist die höchste Erhebung auf der Kanarischen Insel Teneriffa und ebenfalls höchster Berg auf spanischem Staatsgebiet. Der Pico del Teide ist der dritthöchste Inselvulkan der Erde. Er erhebt sich aus einer riesigen Caldera mit 17 Kilometern Durchmesser. Nach älteren Vorstellungen entstand diese vor 170.000 Jahren aus einem älteren Vulkan. Der letzte Ausbruch am Teide-Massiv fand am 18. November 1909 am Chinyero, einem Schlackenkegel 10 km nordwestlich des Gipfels statt. Innerhalb der Caldera ereignete sich der letzte Ausbruch im Jahre 1798.

Ulawun, Papua Neu Guinea (2'334 m)

Der Ulawun ist ein Stratovulkan auf der Insel Neubritannien. Am 29. September 2000 ereignete sich ein grosser Ausbruch mit Ascheregen, bei welchem 4000 Bewohner aus der gefährdeten Zone um den Vulkan evakuiert wurdden. Der Vulkan war seitdem immer wieder mit kleineren Ausbrüchen aktiv.

Unzen, Japan (1'486 m)

Der Unzen ist ein aktiver Schichtvulkan, der zu den gefährlichsten des Landes gehört. Es handelt sich um einen Vulkankomplex mit mehreren Gipfeln und Kratern. Derzeit sind die höchsten beiden Gipfel der Fugen-dake mit einer Höhe von 1.359 m und der Heisei-Shinzan mit 1.486 m. Die ältesten vulkanischen Ablagerungen in der Region sind etwa 6 Millionen Jahre alt. Auf dem gesamten Gebiet des Vulkans ereigneten sich vor 2,5 Millionen bis 500.000 Jahren ausgedehnte Ausbrüche. Die erste dokumentierte und beobachtete Eruption des Vulkans datiert aus dem Jahr 1657 und dauerte mit kurzen Unterbrüchen bis 1663. Seinen heftigsten Ausbruch in historischer Zeit erlebte der Vulkan 1792 mit einem grossen dazitischen Ausfluss aus dem Krater Fugen-dake. Nach dem scheinbaren Abschluss des Ausbruchs kollabierte in Folge eines Erdbebens die Ostflanke des Mayuyama unerwartet. Die daraus resultierende Lawine rutschte mit bis zu 200 km/h in den Ozean und löste einen 20 Meter hohen Tsunami aus und mehr als 15.000 Menschen das Leben kostete. Nach der großen Eruption von 1792 galt der Unzen als temporär inaktiv. Im November 1989 zeigten sich erstmals wieder seismische Aktivitäten in der Nähe des Vulkans. In der Folge ereigneten sich mehrere Eruptionen und die entstandenen pyroklastischen Ströme forderten 50 Menschenleben.

Vesuv, Italien (1'281 m)

Der Vesuv ist der einzige aktive Vulkan auf dem europäischen Festland. Er besteht aus den Resten eines früher wesentlich höheren, älteren Schichtvulkans, des Somma, der vor rund 25'000 Jahren entstand und dessen Spitze zu einer Caldera eingestürzt ist, und dem im Inneren des Einsturzbeckens neugebildeten Kegel des heutigen Vesuvs. Der Vulkan ist vor allem bekannt durch seinen letzten mächtigen Gross-Ausbruch, bei welchem im Jahr 79 n. Chr. die antiken römischen Städte Pompeji, Herculaneum und Stabiae verschüttet wurden. Der Vesuv war nach dieser Eruption jahrhundertelang aktiv. Seit dem letzten Ausbruch 1944 befindet er sich in einer trügerischen Ruhephase.